Bündnis 90/Die Grünen

in Stadt und Landkreis Ansbach

Rede zum Haushalt 2015 der Stadt Ansbach

Stadtratsfraktion Stadt Ansbach. Die Haushaltsrede in voller Länge, gehalten vom Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Bartusch.

10.12.14 –

Stadtratsfraktion Stadt Ansbach

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Seidel,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,                                              

um es gleich vorweg zu nehmen: Der Haushalt 2015 bereitet uns großes Kopfzerbrechen. Es fällt uns tatsächlich kaum ein Grund ein, weshalb wir ihm zustimmen könnten. Natürlich ist uns die prekäre Situation bewusst, wobei immer auf unseren Patienten ANregiomed verwiesen wird, der baldmöglichst selbständig laufen können muss. Doch weit problematischer sind unseres Erachtens die Verluste auf der Einnahmenseite und die Tatsache, dass zu wenig für die Entwicklung der Stadt getan wird.

Der Haushalt 2015 ist nicht zukunftsweisend. Er ist so eng gestrickt, dass wir kaum dringend notwendige Investitionen für Bildung, für soziale Projekte, für den ÖPNV und für die Stadtentwicklung tätigen können. Die Frage ist: Wohin soll es gehen mit Ansbach in den nächsten Jahrzehnten? Wie positioniert sich die Stadt innerhalb des regionalen und überregionalen Städtewettbewerbs? Der Haushaltsentwurf beinhaltet keinerlei Perspektive und kein Gestalten. Er bedeutet ein kleinteiliges Verwalten der jetzigen Situation. Wir kommen uns vor wie in einer großen

Metzgerei, in der ständig nur vor sich hin gewurschtelt wird. Deshalb haben wir ein ganzheitliches

Stadtentwicklungskonzept gefordert, um einen Plan zu haben, wie es mit der Innenstadt, der Wirtschafts- oder Wohnraumförderung, der Bildung, dem Verkehr usw. vorangehen soll. Was für jedes Unternehmen wichtig ist, sollte auch für uns bedeutsam sein:

Eine fundierte, belastbare Standortanalyse, die die Stärken und Schwächen aufzeigt und daraus einen Plan entwickelt, der dann auch zeitnah zu konkreten Maßnahmen führen sollte.

Wir brauchen Leitlinien für unser politisches Handeln, doch natürlich sind wir keine puren Konzeptheinis. Wir haben ja in der Vergangenheit eine Vielzahl von sehr konkreten Vorschlägen gemacht: Markthalle, Bürgeramt (ohne KFZ-Stelle) im Rathaus/Schramhaus, Bewirtschaftung um das Stadthaus herum und Umstrukturierung und Stärkung des Stadtmarketings  ̵ alles zur Belebung der Innenstadt. Wir haben Vorschläge für einen effizienten ÖPNV gemacht, die nun hoffentlich auch bald in dem von uns angeregten Arbeitskreis thematisiert werden und und und.

In unserer letzten Haushaltsrede merkten wir an, dass wir in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen in erheblichem Maß die Rücklagen plündern, die eigentlich für Krisenzeiten (wie wir sie jetzt haben) gedacht sind und die uns jetzt natürlich hinten und vorne fehlen. Trotzdem sollten wir nicht

vor nötigen Investitionen zurückschrecken, auch wenn dadurch notgedrungen eine Neuverschuldung in Kauf genommen werden muss, die uns jedoch beim momentan äußerst günstigen Zinssatz keine allzu großen Bauchschmerzen bereiten sollte. Wie wollen wir sonst attraktiv bleiben für Unternehmen oder für junge Familien?

Wir müssen endlich die Ärmel hochkrempeln und ein Bild unserer zukünftigen Stadt malen.

Die Zukunftsfähigkeit einer gut funktionierenden Innenstadt ist ein Problem, das man seit der Eröffnung des Brückencenters vor sich herschiebt, obwohl es Konzepte gibt, die bereits unter ExOB Ralf Felber in Auftrag gegeben wurden, aber scheinbar in irgendeiner Schublade ein beschauliches Dasein führen. Auch im Haushalt 2015 gibt"™s keine Verbesserungen. Das ist für uns ein wesentlich größeres Problem als beispielsweise die Weihnachtsmarktdebatte um einen Glühwein.

Um die Innenstadt zu beleben, ist ein verzahntes Arbeiten der Verwaltung mit City-Marketing nötig und damit verbunden ein Budget, das City-Marketing handlungsfähiger werden lässt. Es geht darum, die Wirtschaftlichkeit in Ansbach zu verbessern und die Lebensqualität der Bevölkerung zu erhöhen. Wir benötigen beispielsweise in der Innenstadt noch viel mehr Plätze mit Aufenthalts- und Verweildauerqualität. Ähnliche Plätze wie die Wasseranlage vor dem Stadthaus gegenüber dem Spielwaren Fechter.

Als Ende der 90er Jahre in Coburg (41000 Einwohner) der Wirtschaftsboom schwächer wurde und Leerstände in der Innenstadt entstanden, einigten sich das City-Management, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft und der Öffentlichkeitsreferent darauf, eine längerfristig angelegte Stadtentwicklung zu konzipieren. Eine daraus erfolgte Werbekampagne erweckte ein gesteigertes Interesse von Unternehmen und Existenzgründern. Inzwischen gibt es gegenwärtig praktisch keine Leerstände mehr und aufgrund konkreter Anfragen interessierter Mieter ist ein deutlich gesteigertes Engagement von privater Seite, von Hauseigentümern, einheimischen Investoren und ortsansässigen Banken zu verzeichnen. Solche Beispiele könnten wir auch aus Städten wie Schwäbisch Hall, Tübingen, Schwabach oder Straubing berichten.

Wir brauchen eine ganzheitliche Betrachtungsweise unserer Stadt. Dazu müssen wir die unterschiedlichen Gruppen unter einem Dach vereinen. Das heißt, unsere OB müsste unter den Beteiligten moderieren und eigene Vorschläge klug einbringen. Allerdings gibt es im Moment kaum eine Führungspersönlichkeit mit der unsere OB auf solch einer Ebene vertrauensvoll kommunizieren kann. Siehe Thomas Deffner, Martin Porzner, Elke Homm-Vogel, Dr. Kerstin Schulte-Eckel, Roland Moritzer, Dr. Goepfert oder Landrat Dr. Jürgen Ludwig. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden. Ich bin bekanntermaßen ja schließlich ein unverbesserlicher Optimist und habe schon in der letztjährigen Haushaltsrede folgendes angeregt: Oft ist es am besten, sich einfach bei einem Schoppen Wein oder einem Seidel Bier zusammenzusetzen.

Kommen wir zur Bildung:

Es ist begrüßenswert, wenn man in Schulen die Toiletten endlich von einem penetranten Geruch befreit, aber es wäre natürlich noch wichtiger für die Zukunft unserer Schulen ein Gesamtkonzept zu haben. Dann könnte man sich Gedanken machen, ob man Schulen vergrößert bzw. verkleinert, ob man alle Standorte auf Dauer erhält oder ob es wirklich sinnvoll ist, Teile der Weinbergschule zu verschleudern. Ohne zukunftsweisendes Konzept trifft man in der Regel nur kleinteilige und kurzfristige Entscheidungen, die garantiert nicht den besten und kostengünstigsten Weg bedeuten. Übrigens wird der Teilverkauf der Weinbergschule momentan so hingestellt, als ob es keine andere Möglichkeit gäbe. Am Beispiel Pumphaus jedoch sieht man, dass es immer Alternativen gibt.

Und was für das Pumphaus gilt, könnte auch für die Verkehrssituation am Urlas gelten: Nach der

Verkehrszählung der BAP und den Aussagen von Oberst Benson erweist sich der von der Mehrheit der Bevölkerung gewünschte Kreisverkehr am Urlas unserer Meinung nach als die einzig richtige Alternative. Umso erstaunter waren wir, als Herr Schmidt vom Staatlichen Bauamt uns in einer Stadtratssitzung erklärte, dass für ihn nur eine Ampellösung in Frage käme. Und zwar mit folgender seltsamer Begründung: Eine Ampelanlage bedeutet fließender und ein Kreisel stockender Verkehr. Eine Betrachtungsweise, die mir persönlich völlig neu ist. Wie der Verkehr bei Ampelanlagen rollt, kann man jederzeit an der Schalkhäuser Kreuzung testen, die, wie schon Ex Stadtrat Hans Zehnder feststellte, prädestiniert für einen Kreisverkehr gewesen wäre.

Auch in anderen Bereichen gibt es keine klar definierten Ziele. Wir bewegen uns mehr oder weniger im Blindflug. So eine Chance für die Stadt wie das Retti-Palais will man ebenfalls aus kurzfristigen haushälterischen Gründen nicht ergreifen, sondern im Gegenteil einfach vergeben. Wir leben in einer touristisch attraktiven Stadt, die man mit einer Perle wie dem Retti-Palais noch besser vermarkten könnte. Mehr Besucher bedeuten mehr Einnahmen für unsere Hotels, für unsere Gastronomie und letztendlich für unsere Stadt.

Einer von vielen Gründen, den Haushalt abzulehnen, wäre unter anderem der Gesichtspunkt, wie in unserer Stadt Politik gestaltet wird. Wir sind zum Zusammenhalt aufgerufen worden, was in schwierigen Zeiten von knappen Kassen ja auch sinnvoll wäre. Aber wenn wir dann Pläne über den Verkauf der Weinbergschule ohne jegliche Vorinformation aus der Zeitung erfahren oder wenn sie uns erst in Haushaltsberatungen untergejubelt werden, ohne dass sie vorher in einem Ausschuss, in Fraktionsgesprächen oder im Stadtrat besprochen worden sind, dann ist das ein Stil, der unserem Politikverständnis in keiner Weise entspricht.

Ein Posten, der voraussichtlich für die nächsten Jahre bis Ende des Jahrzehnts unseren Haushalt massiv belasten wird, ist das Krankenhaus ANregiomed. Machen wir uns nichts vor: Die unumgänglich notwendige bauliche Sanierung und damit einhergehend auch die im Klinikalltag ablaufmäßige Optimierung wird uns viel Geld kosten. Hinzu kommt, dass wir gut daran tun, ab sofort laufende Trägerausgleichszahlungen bzw. Rücklagen hierfür mit Blick auf 2018 vorzusehen. Die Millionenanforderungen im investiven baulichen Bereich kommen zwar erst ab 2016 zum Tragen, erwischen uns dann aber über viele Jahre hinweg mit voller Wucht. Deshalb sollten wir schon ab 2015 für die laufenden und die uns spätestens 2018 treffenden Trägerausgleichszahlungen insgesamt ca. 1,5 Millionen vorsehen.

Eines ist ziemlich sicher: Um mit ANregiomed und insbesondere auch mit dem Klinikstandort Ansbach als Schwerpunktversorger in einem immer schwieriger werdenden gesundheitspolitischem Umfeld überleben und in absehbarer Zeit auch endlich wieder schwarze Zahlen schreiben zu können, muss gerade am Krankenhaus Ansbach das medizinische Angebot sowohl in der Breite wie auch in der Qualität deutlich verbessert werden.

Der Erfolg des ANregiomed als Ganzes ist Voraussetzung dafür, dass wir in der Stadt für unsere Bürger eine optimale Krankenhausversorgung gewährleisten können und auch wieder wirtschaftlich auf einen grünen Zweig kommen. Unser Appell an unsere Vertreter im Verwaltungsrat lautet daher: Arbeitet kritisch, aber immer konstruktiv im Interesse der krankenhausärztlichen Versorgung mit den Landkreisvertretern zusammen. Das Miteinander ist gefragt und nicht das Gegeneinander!

 Positiv anmerken möchten wir, dass im Umweltbereich einige Dinge in Angriff genommen wurden. Das Radverkehrskonzept wurde angepackt und auf unsere Anträge hin wurden erste Schritte für einen wirksameren Biodiversitäts- und Ressourcenschutz in der Stadt unternommen. Auf unsere Anfrage soll nun die Belastung der Rezat mit Arzneimittelderivaten noch einmal hinterfragt und der Verwaltungsrat der AWEAN zu verantwortlichem Handeln aufgefordert werden. Außerdem läuft gerade auf unser hartnäckiges Drängen die Aktualisierung der Biotopkartierung. Zudem wurden auf Grund unseres Antrags erste, allerdings sehr bescheidene Anfänge für eine kommunale Grünpflege gemacht, die nicht nur die Sauberkeit der Flächen, sondern auch die Artenvielfalt im Sinn hat. Letztendlich geht es auch auf unsere Initiative zurück, dass Gewässerentwicklungskonzepte für kleinere  Bäche aufgestellt werden, um deren Qualität zu verbessern. Unser Antrag zur Mittelbereitstellung für den Ankauf von Uferstreifen war einer von gerade mal 5 Haushaltsanträgen, denen zugestimmt wurde. Und das bei über 100 Anträgen! Eine Tatsache, die zeigt, dass jede Fraktion leider nur auf sich selbst schaut und ihr eigenes Süppchen kocht.

Zum Schluss möchte ich mich noch mit der Stimmung im Stadtrat beschäftigen. Aus  meiner Sicht ist sie nicht gut bis einigermaßen schlecht. Beate Krettinger von den Grünen zum Beispiel läuft seit geraumer Zeit mit einem Maulkorb herum, Elke Beyer-Nießlein von der CSU ist schon leicht verzweifelt, weil sie die Neustadt immer noch nicht auf Stöckelschuhen durchqueren kann, unser 2. Bürgermeister Martin Porzner von der SPD steht bei Diskussionen mit unserer OB immer kurz vor einem Herzinfarkt, Manfred Schober ist von der CSU erfolgreich in die ÖDP eingeschmuggelt worden, unser 1. Bürgermeister Thomas Deffner von der CSU leidet darunter, von unserer OB aufs Abstellgleis geschoben zu werden, Boris Andre Meyer von den Offenen Linken muss sein Essen neuerdings mit Friedmann Seiler von der ÖDP teilen, weil auch der ständig die Weisheit mit dem Löffel frisst, Dr. Paul Kupser von den Freien Wählern eckt an, weil er sich anmaßt von Schule mehr zu verstehen als Andreas Schalk von der CSU, die SPD erreicht ständig etwas für die Bürgerinnen und Bürger, es weiß bloß keiner was, die CSU ist gegen alles und der Lieblingsfilm von BAP und ÖDP ist: Denn sie wissen nicht was sie tun. Die ÖDP ist übrigens die einzige Fraktion, die mit den Haushaltsberatungen voll zufrieden sein kann. Keiner ihrer Anträge wurde abgelehnt. Allerdings hat sie sicherheitshalber auch keinen Antrag gestellt.

Wie eigentlich vor jeder Haushaltsverabschiedung hatte ich wieder einen verrückten Traum. Ich träumte, der Stadtrat wäre eine Fußballmannschaft, die das Endspiel der Champions League gegen einen großen süddeutschen Verein bestritt. Wir von den Grünen agierten als Spielgestalter, die CSU stand in der Abwehr und blockierte alles, was dem Gegner an Spielwitz und Kreativität einfiel, die SPD spielte im Sturm und schoss ständig weit am Tor vorbei, die Offene Linke besetzte aus Versehen die rechte Seite, die BAP fungierte als Linienrichter und hob immer im falschen Moment die Fahne, die ÖDP saß auf der Ersatzbank, die Freien Wähler standen ständig im Weg herum und unsere OB traf als Schiedsrichterin alle 2 Minuten eine Fehlentscheidung. Trotzdem gewannen wir 1:0, - und das nur, weil Bastian Schweinsteiger in letzter Minute ein Eigentor schoss.

Zum Abschluss möchte ich noch eine Anregung machen, um zukünftig mehr über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und die Stimmung im Stadtrat zu verbessern. Wir sollten einfach mal wieder einen Stadtratsausflug machen. Und warum nicht nach Coburg oder Tübingen?

Wie Sie nun gehört haben, überwiegt bei uns die Kritik an der gegenwärtigen Strategie, die sich auch in dem Haushalt 2015 widerspiegelt. Warum wir dem Entwurf trotzdem - allerdings mit Bauchschmerzen - zustimmen werden? Das liegt an der Befürchtung, dass wir mit noch weiteren Kürzungen  und Einsparungen (s. die Vorschläge der CSU) konfrontiert würden. Außerdem hegen wir begründete Hoffnung, dass sich für die Weinbergschule vielleicht doch noch eine Option auftut, und dass wir die Stadtendwicklung mit einem konkreten Projekt vorantreiben können.

In diesem Sinne wünschen wir allen Frohe Weihnachten und einen  guten Rutsch. Wir bedanken uns bei der gesamten Verwaltung, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Ansbach, den ganz oder teilweise stadteigenen Betrieben und den vielen Menschen in anderen Funktionen, die auch ehrenamtlich viel Gutes für unsere Stadt tun. Ohne sie und ihren Einsatz wäre unsere Stadt lange nicht so lebenswert.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Wolfgang Bartusch für die Grüne Fraktion.

 

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