Bündnis 90/Die Grünen

in Stadt und Landkreis Ansbach

In der Gemeinwohl-Ökonomie reicht es für alle

Kooperation statt Konkurrenz

29.10.21 –

Ortsverband Ansbach - Beim jüngsten OV-Treffen stand ein Thema auf der Tagesordnung, das für die Stadt selbst wie für ihre Unternehmen Bedeutung bekommen könnte: die Gemeinwohl-Ökonomie.

Das bestehende, neoliberale Wirtschaftssystem in der westlichen Welt setzt auf immerwährendes und grenzenloses Wachstum und den höchstmöglichen finanziellen Gewinn. Das führt zu Umweltschäden, spaltet die Gesellschaften zunehmend in Arm und Reich und ängstigt immer mehr Menschen. Der Papst sagte 2013 dazu: „Diese Wirtschaft tötet.“ Und vier von fünf Menschen im deutschsprachigen Raum wünschen sich eine neue und ethischere Wirtschaftsordnung, die den Schutz der Umwelt und den sozialen Ausgleich in der Gesellschaft stärker berücksichtigt.

„Unser jetziges Wirtschaftssystem steht auf dem Kopf. Das Geld ist zum Selbst-Zweck geworden, statt ein Mittel zu sein für das, was wirklich zählt: ein gutes Leben für alle.“ (Christian Felber)

Die Bilanz ist – zusammen mit der Gewinn- und Verlustrechnung - bisher die Grund­lage zur betriebswirtschaftlichen Ermittlung des Gewinns, der zugunsten von Privat­leuten so hoch wie nur möglich sein soll. Die Pflicht zur Bilanzierung wurde vor über 200 Jahren durch das Preußische Allgemeine Landrecht eingeführt, um fahrlässigen Bankrott zu verhindern, der gegenüber Kunden und Lieferanten unfair wäre. Da ging es noch um eine Art Gemeinwohl. Heute werden diejenigen Unternehmen am höch­sten bewertet, die aus den eingesetzten Mitteln den höchsten finanziellen Gewinn herausholen. Das führt häufig zur Schädigung allgemeiner Güter und Lebensgrundlagen wie Luft, Wasser, Böden, zu unfairer Entlohnung für Mitarbeitende und Zulieferer und zur Verteilung von Lasten auf die Allgemeinheit („den Steuerzahler“), während der Gewinn nicht der Allgemeinheit zugute kommt, sondern privat ist.

 

Die Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) dagegen stellt ihre Bilanzen nach anderen Werten auf: Was dient den Menschen, der Umwelt, dem Frieden, dem Wohl der Gesellschaft? Eigentlich ist das Gemeinwohl in den Verfassungen der meisten Länder verbrieft, z. B. in Deutschland und Bayern:

„Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemein­heit dienen.“(Deutsches Grundgesetz, Art. 14)

„Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl.“
(Bayrische Verfassung, Art. 151)

„Kapitalbildung ist nicht Selbstzweck, sondern Mittel zur Entfaltung der Volkswirtschaft.“(Bayrische Verfassung, Art. 157)

Soweit die hehren Ziele, doch die Ausführungsgesetze entsprechen oft nicht dem Verfassungsauftrag. Wirtschaftlich erfolgreich sind bei uns in der Regel die Rück­sichtslosen. Viele Manager und Unternehmensführer, vor allem in Konzernen, sind Soziopathen oder Psychopathen, wie Studien belegen.

 

Die Gemeinwohl-Ökonomie ist eine alternative Wirtschaftsordnung und

... auf wirtschaftlicher Ebene eine konkret umsetzbare Alternative für Unternehmen verschiedener Größen und Rechtsformen. Die Wichtigkeit von privatem Unter­nehmertum wird nicht gemindert. Der Zweck des Wirtschaftens und die Bewertung des Unternehmenserfolgs werden anhand gemeinwohl-orientierter Werte definiert, die auf den UN-Nachhaltigkeitszielen gründen: Menschenwürde, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit sowie demokratische Mitbe­stimmung. Kern des Modells ist, dass Unternehmen, die entsprechend wirtschaften, in einer GWÖ im Vorteil sind. Sie publizieren eine Gemeinwohl-Bilanz, was bereits über 800 Unternehmen getan haben. Je besser die Gemeinwohl-Bilanz, desto mehr rechtliche Vorteile soll ein Unternehmen erhalten: günstigere Kredite, Steuererleichterungen oder Vorrang bei öffentlichem Einkauf.

... auf politischer Ebene ein Motor für rechtliche Veränderung. Ziel des Engage­ments ist ein gutes Leben für alle Lebewesen und den Planeten, unterstützt durch ein gemeinwohl-orientiertes Wirtschaftssystem.
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat die GWÖ bereits anerkannt: 2015 mit 86% Stimmenmehrheit. Die ersten Gemeinden und Regionen haben Beschlüsse gefasst. Langfristig soll die Gemeinwohl-Ökonomie in Gesetzen und Verfassungen verankert werden.

... auf gesellschaftlicher Ebene eine Initiative der Bewusstseinsbildung für System­wandel, die auf dem gemeinsamen, wertschätzenden Tun vieler Menschen beruht. Die GWÖ-Bewegung gibt Hoffnung und Mut und sucht die Vernetzung mit anderen Initiativen. Sie versteht sich als ergebnisoffener, partizipativer, lokal wachsender Prozessmit globaler Ausstrahlung - dargestellt durch die Löwenzahn-Sämchen im Logo.

Das Bestechende an dem Konzept ist die Möglichkeit eines langsamen Umbaus des Wirtschaftssystems, Zug um Zug. Schnelle Systemänderungen produzieren stets große Verwerfungen, das ist bei der GWÖ nicht zu erwarten.

Die Bewegung entstand 2010 in Österreich, breitet sich seitdem über Deutschland und Spanien in die anderen europäischen Länder aus und ist sogar schon in den USA, in Lateinamerika und in Afrika angekommen. An der Universität von Valencia in Spanien wurde bereits der erste Lehrstuhl zur GWÖ eingerichtet.

Die Modellentwicklung wurde angestoßen durch 12 Unternehmen und Christian Felber: österreichischer Autor, Wirtschaftsreformer, Tanz-Performer und Hochschullehrer. Er ist Gründungsmitglied von Attac Österreich, Initiator des Projekts Bank für Gemeinwohl und der Gemeinwohl-Ökonomie. Außerdem Autor oder Mitautor von 17 Büchern, Vortragsreisender und Referent zu Wirtschafts- und Gesellschaftsfragen.

Die GWÖ-Bewegung setzt auf Kooperation statt Konkurrenz (so auch der Titel eines Felber-Buches). Sie ist vielseitig tätig, organisiert und repräsentiert:

Regionalgruppen und Vereine

GWÖ-Gruppen sind weltweit aktiv als Regionalgruppe oder Verein

Gemeinwohl-Unternehmen

Mehr als 3000 Unternehmen unterstützen die GWÖ.
Rund 800 davon sind Mitglied oder haben bereits eine Gemeinwohl-Bilanz erstellt.

Akteur*innen-Kreise

Viele internationale Teams arbeiten in bestimmten Kernbereichen der GWÖ.

Sprecher*innen

Die Sprecher*innen vertreten die GWÖ bei Medienanfragen, Podiumsdiskussionen und Interviews

Botschafter*innen

Prominente aus verschiedenen Bereichen repräsentieren die GWÖ

Auch auf politischer Ebene (z. B. Kommunen, Kommunalbetriebe, Regionen) und bei Bildungseinrichtungen (Schulen, Hochschulen) können Gemeinwohl-Bilanzen erstellt werden. Diese juristischen Personen haben ja auch einen wirtschaftlichen Betrieb.

Kürzlich wurde die Marktgemeinde Postbauer-Heng zertifiziert (nach Kirchanschöring die zweite Gemeinde in Bayern). Der Beschluss wurde im Gemeinderat einstimmig gefasst, bei über 50% Stimmenmehrheit der CSU. Die 3. Bürgermeisterin ist Gabi Bayer, eine grüne Gemeinde- und auch Bezirksrätin, die anbietet, zum Gespräch über den Weg zur Gemeinwohl-Gemeinde in andere Gemeinden und Städte zu kommen.

Weitere Zertifizierungen haben in Bayern z. B. das Spielzeugmuseum in Nürnberg, das Diakoniedorf Herzogsägmühle, die Sparda-Bank München und ca. 50 weitere Unternehmen. Die Technische Hochschule in Nürnberg hat den Prozess begonnen. Auch große Unternehmen können gemeinwohlorientiert wirtschaften: Beispielhaft ist die Firma Sonnentor, ein österreichisches Unternehmen (Tee, Kräuter und Gewürze) mit einen Umsatz von über 35 Millionen Euro im Jahr.

In einer echten „Ökonomie“ ist das Geld nur Mittel zum Zweck. Schaffen wir es, die wirtschaftliche Erfolgsmessung auf das Ziel zu richten, fließt die menschliche Kreativität in die Mehrung des Gemeinwohls. Dann stimmen Wirtschaft und Werte zusammen!

Christian Felber, Autor des Buches "Gemeinwohl-Ökonomie"

 

Weitere Informationen:

https://christian-felber.at/

https://web.ecogood.org/de/

 

Wie wird eine Gemeinde zur Gemeinwohl-Gemeinde?

https://web.ecogood.org/de/unsere-arbeit/gemeinwohl-bilanz/gemeinden/

 

Auswahl von Videos im Internet zum Thema:

Gemeinwohl-Ökonomie | kurz erklärt (ca. 5 Min.):

https://www.youtube.com/watch?v=cVFvyd7SmxU

GWÖ | von Christian Felber erklärt (ca. 3,5 Min.):

https://www.youtube.com/watch?v=j2ZuiE-U1rk

Der Weg zur Gemeinwohlbilanz

https://www.youtube.com/watch?v=noRCBMbfezg

Christian Felber, Dr. Robert Habeck und Oliver Richters im Gespräch (25 Min.)

https://www.youtube.com/watch?v=Cm4DPaC0OzE

Höchste Zeit für Utopien | für eine zukunftsfähige Ökonomie | Oliver Richters & Richard D. Precht (28 Min.)

https://www.youtube.com/watch?v=zWTU98Sqn2Y

Gemeinwohlökonomie: Wirtschaftsmodell mit Zukunft? Veranstaltung Heinrich-Böll-Stiftung (2 Std. 15 Min.)

https://www.youtube.com/watch?v=8qyk9vHQIUo
 

Quellen zum Nach- und Weiterlesen:

https://zukunftskommunen.de/kommunen/kirchanschoering/

https://www.nordbayern.de/region/neumarkt/pionier-in-sachen-gemeinwohl-urkunde-fur-postbauer-heng-1.11479797

https://www.nuernberg.de/imperia/md/partnerstaedte/dokumente/ib/spielzeugmuseum_nachhaltigkeitsstrategie.pdf

https://www.herzogsaegmuehle.de/ort-der-diakonie/gemeinwohlbericht

https://www.sparda-m.de

https://agile-unternehmen.de/die-dunkle-triade-psychopathie/

Studie von Gerhard Dammann: Narzissten, Egomanen, Psychopathen in der Führungsetage

https://www.zeit.de/karriere/beruf/2014-05/psychopathen-interview-psychologe-jens-hoffmann?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.bing.com%2F

 

Es gibt nichts Gutes, außer: Man tut es.“ (Erich Kästner)

 

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