Bündnis 90/Die Grünen

in Stadt und Landkreis Ansbach

Haushaltrede 2020

Richard Illig

09.12.19 –

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

die Beratungen für den Haushalt 2020 standen in diesem Jahr unter einer Reihe besonderer Vorzeichen.

Erstens sind in wenigen Wochen Kommunalwahlen, wir befinden uns also bereits mitten im Wahlkampf.

Zweitens hat der Kämmerer noch schärfer als sonst deutlich gemacht, dass wir eigentlich fast gar keinen Spielraum mehr haben für irgendwelche kommunalpolitischen Wünsche, weil er keinerlei Möglichkeiten sieht, weitere Ausgaben zu finanzieren.

Und drittens war heuer ein besonderes Jahr: denn die Politik ist heuer so dringlich wie noch nie – unter anderem von der Fridays-for-Future-Bewegung – darauf hingewiesen worden, dass es höchste Zeit ist für eine komplette Umkehr vom bisherigen Kurs, wenn wir nicht global in die Apokalypse steuern wollen. Und dieser Zwang zur Neuorientierung gilt nicht nur für die Weltpolitik (wo sich leider viel zu wenig bewegt), sondern auch für die Kommunalpolitik. “Global denken, lokal handeln” – wir sind der Meinung, dass wir nicht woanders Forderungen stellen können, wenn wir nicht bei uns selbst beginnen.

Für uns, die Grüne Fraktion im Ansbacher Stadtrat, war daher klar, dass wir uns mit einem Haushalt, der ja jedes Jahr eine kommunalpolitische Weichenstellung ist, nicht zufrieden geben können, wenn er nichts signalisiert als Weitermachen und Business as usual, eingeengt durch das Korsett von Vorplanungen und Sachzwängen.

Wir wollen einen Haushalt, der eine solche Umkehr zum Ausdruck bringen würde, z. B. durch eine Wende in der Verkehrspolitik, der Energiepolitik, beim Thema Flächenverbrauch oder bei der Frage der Bildung im Sinne eines wirklichen Fitmachens für die Zukunft. Daher haben wir uns auf eine Reihe von Schwerpunktmaßnahmen konzentriert, die sozusagen das Raster, die Richtungsanzeige darstellen sollten für das, was geschehen müsste.

In Bereich Verkehr haben wir in Ansbach noch viel zu tun. Laut Umweltbundesamt verursacht der Verkehr rund 60 Prozent der Stickstoffdioxidbelastung, daher sind drastische Maßnahmen zur Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs nötig. Was wir für die Förderung des Fahrradverkehrs und des ÖPNV tun, darf daher nicht einfach Kosmetik sein, sondern muss, auch wenn es manchen Zeitgenossen oder Interessensvertretern weh tut, im Ergebnis den sogenannten “Modal Split” verändern, also den Autoverkehr wirklich reduzieren. Für den schnelleren Ausbau des Radwegekonzeptes und mehr Sicherheit für die Benutzer haben wir beantragt, den Ansatz der Stadt um 80.000 €  auf insgesamt 120.000 € zu erhöhen. Im Blick haben wir dabei vorrangig die Schaffung von Fahrrad- und Schutzstreifen sowie Aufstellflächen an Ampeln – alles Maßnahmen, wie sie von Fahrradfachleuten (z.B. vom ADFC) seit Jahren immer wieder vorgeschlagen werden und die andernorts seit langem verwirklicht sind. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Beim ÖPNV wissen wir, dass noch sehr viel zu tun ist, nicht nur bei der Tarifgestaltung, sondern auch bei der Verbesserung der Linienführung. Nachdem im Jahr 2019 ja erste Schritte zur Steigerung der Attraktivität des ÖPNV beschlossen wurden, wollen wir die Ergebnisse erst einmal abwarten; wir haben daher keine neuen Anträge gestellt. Trotzdem haben wir selbstverständlich den Ideen der anderen Fraktionen diesbezüglich, auch wenn es nur kleine Schritte sind, zugestimmt.

Eines der wichtigsten Themen beim Klimaschutz ist der Energieverbrauch. Bei der Stadt werden die Verbrauchsdaten der eigenen Gebäude und Liegenschaften bisher durch punktuellen Einkauf von Fremdleistungen gesammelt und ausgewertet. So können die Ursachen von auffälligen Verbrauchswerten umgehend analysiert und abgestellt werden, was bereits mit einigem Erfolg durchgeführt wurde. Um den Energieverbrauch der städtischen Gebäude und Einrichtungen jedoch wirksamer und kontrolliert zu reduzieren, halten wir den Aufbau eines stadteigenen Energiemanagementsystems (KEM), wie es in anderen Städten bereits praktiziert wird, für erforderlich. Dies ist eine Maßnahme, die mittelfristig zu Einsparungen führt, also letzten Endes dem kommunalen Haushalt zugutekommt. Damit würde die Stadt Ansbach ihrer Rolle als Vorbild bzw. Motivator und Berater für Bürger und Unternehmen gerecht werden. Hierfür ist übrigens eine Förderung durch das Bayer. Staatsministerium für Umwelt möglich, als Startkapital hatten wir für diese Maßnahme 100.000 € eingeplant. Dies ist leider abgelehnt worden.

Darüberhinaus hatten wir noch 15.000 € für die weitere Ausstattung der kleineren Kulturanbieter, insbesondere des Theaters Spielwerk beantragt, 130.000 € für die Verbesserung der Barrierefreiheit durch den überfälligen Bau eines Aufzugs am Standesamt, einen Zuschuss für das Markgrafenmuseum für die Umgestaltung der Museumsabteilungen und eine höhere Einnahmeerwartung bei der Vermietung des Tagungszentrums Onoldia. Diese Anträge kamen jedoch aus verschiedenen Gründen nicht zum Zuge.

Erfreulicherweise haben wir erreicht, dass unseren Anträgen auf Erhöhung der Ansätze für dringend erforderliche Maßnahmen im Bereich des Stadtfriedhofs um 100.000 € und für das Stadtjubiläum um weitere 50.000 € zugestimmt wurde (wobei wir uns immer noch fragen, warum bisher so wenig dafür getan wird, dem Stadtjubiläum zu einem Erfolg zu verhelfen, beispielsweise indem man andere Player der Stadt zur Kooperation motiviert).

Wir halten alles, was mit Bildung zusammenhängt, generell für elementar wichtig, um unsere Gesellschaft für die Zukunft handlungs- und lebensfähig zu machen; das gilt natürlich auch für unsere Schulen. Nach wie vor sind wir dafür, von überholten Vorstellungen Abschied zu nehmen und sich daher für die Wohngebiete Meinhardswinden, Brodswinden sowie die anderen in diesem Schulsprengel liegenden Ortsteile auf die Verbesserung des schulischen Angebots  an einem Standort zu konzentrieren. Wir halten eine zentrale zweizügige Grundschule in Meinhardswinden aus pädagogischen Gründen und der Qualität des Unterrichtsangebots wegen zum Wohl der Kinder für sinnvoll; organisatorische und finanzielle Gründe sprechen ebenfalls dafür. Darüber hinaus hat die aktuelle Prognose der Schülerzahlen unsere Forderung mehr als bestätigt. Wie im Vorjahr und entsprechend unserem Antrag im Stadtrat vom 19. Juli 2018 fordern wir immer noch, die Waldschule Meinhardswinden entsprechend auszubauen und zu sanieren. Dafür haben wir die Kosten für den ersten Bauabschnitt einer Generalsanierung in Höhe von 1,7 Mio. € eingesetzt. Bei einem den Vorgaben des Schulamts entsprechendem Ausbau und Sanierung sind dafür Fördermittel zu erwarten.

Wir halten immer noch  eine Landesgartenschau für eine der zielführendsten Maßnahmen zur gesamten Stadtentwicklung und sind für die Vorbereitung einer entsprechenden Bewerbung. Wir gratulieren der Stadt Wassertrüdingen, die den Mut hatte, die Chance wahrzunehmen und sich nun im Glanz des Erfolgs sonnen kann. Wir sind davon überzeugt, dass Ansbach mit seinem großen Potential noch ganz andere Möglichkeiten für einen nachhaltigen Erfolg einer Landesgartenschau hat. Wie auch im Integrierten Stadtentwicklungskonzept(ISEK) empfohlen, kann dies u.a. der Vernetzung der Grünzüge, einer Umnutzung des Öffentlichen Raums für Menschen und Natur sowie der Entwicklung eines sanften Tourismus dienen. Wie schon im Jahr 2017 haben wir daher die Einstellung eines vergleichsweise unbedeutenden Betrags von 40.000 € für die Erstellung einer Machbarkeitsstudie beantragt. Leider wurde unser diesbezüglicher Antrag auch heuer wieder abgelehnt – schade, wir könnten damit soviel gewinnen für unsere Stadt.

Nach der Saldierung unserer Haushaltsanträge sind wir bei einem Mittelbedarf von 1,643 Millionen Euro für die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen gelandet. Nach reiflicher Überlegung sind wir zum Ergebnis gekommen, dass wir es für richtig halten, dafür eine Kreditaufnahme vorzuschlagen. Wir wissen, dass das für manche Kollegen einen Tabubruch darstellt und haben es uns mit dieser Entscheidung nicht leichtgemacht. Wir wissen auch, dass es generell als erstrebenswert gilt, keine Schulden aufzubauen bzw. diese, wenn möglich, sogar abzubauen, und dass daher mit der Schwarzen Null sozusagen das Wohl und Wehe seriöser Politik verbunden wird. Trotzdem halten wir eine Kreditaufnahme in der momentanen Situation, bei einer De-facto-Nullzinspolitik der Geldgeber, nicht nur für verantwortbar, sondern zur Finanzierung dringender Maßnahmen für die Zukunft sogar für geboten. Es sei gestattet, hier ein Zitat aus dem “Handbuch für alternative Kommunalpolitik” (Hg. von R. A. Herrmann und Gerald Munier) anzuführen: “Die Kreditfinanzierung einer Investition ist zumindest dann nicht zu kritisieren, wenn andere Finanzierungsquellen nicht zur Verfügung stehen und wenn diese Investition rentabel ist, d.h. ihr Ertrag (das kann auch eine Einsparung sein, beispielsweise von Energiekosten) höher ist als der Schuldendienst. Auf Reparatur oder Erneuerung von Ausstattung zu verzichten, kann schnell teurer werden als der zur Behebung des Problems notwendige Kredit”. 

Also haben wir nach Prüfung aller realistischen Alternativen einen Antrag auf Kreditaufnahme in Höhe von 1,643 Mio. € gestellt – über den natürlich nicht abgestimmt wurde, weil ja auch unsere mit Ausgaben verbundenen Anträge zum größten Teil nicht angenommen wurden. Am Ende der Beratungen stellte der Kämmerer einen Mittelbedarf von 1,654 Millionen € zur Deckung der beschlossenen Mehrausgaben fest, in der Höhe zwar zufällig, aber doch erstaunlich ähnlich unserem fast hellseherischen Antrag, der damit den Haushalt 2020 gerettet hätte. So aber ergab sich ein erhebliches und fast unlösbares Durcheinander, an dessen Ende eine noch nicht ausgestandene Unzufriedenheit mehrerer Stadtratsfraktionen stand. Wir werden sehen, wie sich das weiter entwickelt. 

Zurückkommend auf unsere einleitenden Worte: Wir können uns mit einem Haushalt, der ja jedes Jahr eine kommunalpolitische Weichenstellung sein soll, nicht zufrieden geben, wenn er nichts signalisiert als Weitermachen und Business as usual. Wir lehnen den Haushalt für das Jahr 2020 ab.

Abschließend möchten wir uns bei der Kämmerei für die Vorarbeit zum Haushaltsentwurf und bei der gesamten Verwaltung für die geleistete Arbeit im Jahr 2019 ganz herzlich bedanken. 

Wir wünschen Ihnen, Frau Oberbürgermeisterin, der gesamten Verwaltung und Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen, eine friedvolle Weihnachtszeit und schon jetzt alles Gute für das Neue Jahr!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
gehalten am 9. Dezember 2019

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